Das psychoforensiche Gutachten
Ich halte es
für völlig selbstverständlich, einen Verbrecher, der wahllos anderen
Menschen die Köpfe abhackt, psychologisch begutachten zu lassen. Ein
guter Psychologe kann womöglich Spuren erkennen, die zur Aufklärung des
Tatgeschehens beitragen. Vielleicht lassen sich auch psychische
Hintergründe, die als Tatmotiv in Frage kommen, feststellen. Der
Oberstaatsanwalt Müller-Daams beantragte auch mich psy-chologisch
begutachten zu lassen. Diese Begutachtung fand Ende 1995 durch Prof. Dr.
med. Mich. Rösler*), damals Leiter der Abteilung für Forensische
Psychiatrie an der Psychiatrischen Klinik und Poliklinik der
Universitätsklinik Würzburg (später Direktor des Instituts für
gerichtliche Psychologie u. Psychiatrie der Universität des Saarlandes)
statt.
*) im folgenden Text wegen des erwünschten Leseflusses teilweise ohne Titel
Ich
selbst lehnte jedoch zunächst jegliche psychologische Begutachtung
strikt ab. Der wesentlichste Grund meiner Ablehnung war die Befürchtung,
von irgend einem inkompetenten Schmetterlingsfänger (siehe z.B. den
Fall „Gert Postel“, Postbote) zu Unrecht entmündigt zu werden. Ich
wollte nicht zu allem Übel auch noch für den Rest meines Lebens mit
Medikamenten vollgepumpt und auf ein Minimum an Rechtsan-sprüchen
reduziert in einer Irrenanstalt verelenden. Außerdem sah ich überhaupt
nicht ein, warum ein Gutachten über mich erstellt werden sollte, wenn
ich doch nicht der Täter bin. Trotz aller Bedenken habe ich mich dann
doch von meinem damaligen Anwalt, Herrn K. Schieseck, überreden lassen,
an der Begutachtung teilzunehmen. Er erklärte mir, dass seine
Verteidigungsstrategie darauf aufbaue und dazu so ein Gutachten nur von
Vorteil sein wür-de. Das Ergebnis könne man jederzeit mit einem
Gegengutachten in Frage stellen, wenn man mit dem Ergebnis nicht
zufrieden sei.
Erster Tag der Begutachtung
Am
ersten Tag erschien Prof. Dr. Rösler schwer kränkelnd in der alten JVA
Würzburg. Er verdrehte zeitweise sogar schon die Augen und hatte ganz
offensichtlich große Schwierigkeiten, sich überhaupt aufrecht zu halten.
Ich musste meinen Lebenslauf aufzählen, wobei nur eine sehr grobe
Rasterung genügen sollte (Schule, Lehrzeit, Berufsleben etc.). Zu meiner
Verwunderung war Prof. Rösler permanent am Schreiben, er sah kaum auf.
Natürlich machte es mich brennend neugierig, zu erfahren, was er über
mich schreibt. Ich konnte erkennen, dass es vermutlich vollständige
Sätze waren, nahezu so, wie ich meinen Lebenslauf vorerzählte, aber das
Gekritzel war für mich auf diese Distanz nicht zu entziffern. Ich legte
gelegentlich zum Ausschreiben seiner Sätze kurze Pausen ein und wartete
auf die Aufforderung weiter zu sprechen. Die dadurch entstehende
Totenstille in diesem saalartigen Vernehmungsraum ist nicht das, was man
sich zu einem psychologischen Gutachten so vorstellt.
Programmierte Fragen
Zum
zweiten Tag der Begutachtung - ca. zwei Wochen später - wurde ich in
Handschellen in die Universitätsklinik gebracht. Nach einer sehr
oberflächlichen Standartbesichtigung durch einen Arzt verbrachte ich
diesen Tag überwiegend mit stundenlangem Warten. Zwischendurch kam eine
junge Assistentin, die mit mir in einem kleinen Nebenraum bunte Würfel
rollte und schriftliche Tests durchführte. Mir fiel die Sorglosigkeit
auf, mit der dieses Mädel mit mir ganz alleine in diesem Nebenraum saß.
Wäre ich tatsächlich dieser unberechenbare Doppelmörder, als der ich
letzt-
endlich verurteilt wurde, so würde sich niemand darüber
gewundert haben, wenn ich dieses leichtsinnige Kind als Geisel genommen
oder auch noch umgebracht hätte.
Die schriftlichen
Tests bestanden aus einem für mich höchst fragwürdigen Intelligenztest,
bei dem ich durchschnittlich abschnitt und den üblichen Fragebögen, auf
denen man ein Kreuzchen bei „Ja“ oder „Nein“ einzutragen hat. Ich hatte
und habe höchste Zweifel daran, dass man einen Menschen mit derart
unspezifischen Formularen psychisch erkennen und beurteilen kann. Es
wurde z.B. sinngemäß danach gefragt, ob ich mein Leben nochmal so leben
würde, wie ich es bereits gelebt habe. Ich erkundigte mich bei der
Assistentin, wie man mir den so eine blödsinnige Frage stellen kann:
Wenn jemand wegen eines Doppelmordes in Haft sitzt - egal ob schuldig
oder nicht - dann ist das doch wohl Zeichen genug dafür, dass irgend
etwas im Leben schief gelaufen ist. Andererseits war mein Leben zwar
doch eigentlich in Ordnung. Soll ich mein Kreuzchen also bei „Nein“
eintragen? Aber auch ein kranker Massenmörder, der es vielleicht nur als
Fehler empfindet, sich nach seiner Tat erwischt haben zu lassen, würde
die Frage wohl mit „Nein“ beantworten. Die Assistentin konnte mir auch
nicht weiterhelfen.
In einer weiteren Frage wurde sich
danach erkundigt, ob ich zukünftig mein Leben ändern wolle. Schon wieder
so ein Blödsinn! Entweder ich habe eine lebenslange Haft abzusitzen,
bei der durchschnittlich jeder sechste Häftling im Gefängnis stirbt,
dann interessiert es nicht, ob ICH mein Leben ändern will - der Staat
übernimmt dann mein Leben. Oder der Fall klärt sich auf und ich werde
aus der Haft entlassen. Selbst dann würde mein Leben nicht mehr so
weitergehen wie zuvor - ob es mir passt oder nicht. Auch in diesem Punkt
und in manchen anderen Fragen konnte mir die Assistentin nicht
weiterhelfen. Ich habe daher verschiedene Fragen überhaupt nicht ange-
kreuzt, sie blieben unbeantwortet. Gelegentlich habe ich sogar „Ja“ und
„Nein“ angekreuzt, weil ich eben für beide Antworten gute, wie schlechte
Argumente hatte.
Am Schluss tauchte Prof. Dr. Rösler
höchst persönlich auf und zählte die Kreuzchen zusammen. Ich erzählte
ihm von den Konflikten, die ich mit den Fragen hatte, doch er
interessierte sich nicht dafür und winkte mit der Antwort, man müsse es
schon ihm überlassen, wie er seine Arbeit mache, ab. Beim Kreuzchen
zusammen zählen bemerkte er trotz meines Einwandes ganz offensichtlich
noch nicht einmal die unbeant-worteten Fragen. Natürlich nicht! Denn
während ich diese Formulare den Fragen folgend waagrecht durcharbeitete,
zählte Rösler nur die Kreuzchen senkrecht zusammen. Erst zum Schluss
war mir klar, was es mit diesen Fragebögen auf sich hatte. Man findet
diese Ankreuz-Fragen auch in Kreuzworträtsel-, Klatsch- und
Fernsehheftchen, wo man dann selbst ermitteln kann, ob man z.B. treu
bleibt oder ein erotischer Typ ist. Wenn man am Schluss zusammenzählt,
kann man mit dem Ergebnis ein Paar Seiten weiter hinten im Heft zwischen
den Witzen und dem Horoskop die Antworten finden. Ich halte so etwas
nicht für seriös.
Vernehmung
Prof.
Dr.Rösler bestand darauf mit mir den Tathergang der beiden Morde
durchzusprechen. Ich lehnte dies ab und erklärte ihm, dass ich vor der
Gerichtsverhandlung nichts zum Fall aussagen werde, schon gar nicht ohne
Anwalt.
Verehrter Leser - wenn Du irgendwann mal, aus
welchen Gründen auch immer, in Haft geraten solltest (vielleicht als
Tourist), dann muss es für Dich zu den höchsten Grundsätzen zählen, ohne
Anwalt kein einziges Wort zur Angelegenheit zu verlieren!! Jedes noch
so entlastende Argument wird Dir im Munde herumgedreht und selbst das
allerbeste Alibi zur Unschuld nützt nichts mehr, wenn der Staatsanwalt
einen entsprechend neuen Tatzeitpunkt zurecht konstruiert (wie bei mir)
!!
Auch Prof. Dr.Rösler ließ nicht ab, denn ein
Gutachten könne nicht vollständig sein, wenn man nicht über die Tat
spricht. Er kramte eine offizielle Tathergangsbeschreibung hervor und
drängte danach, endlich über die Taten zu sprechen. Dazu leitete er
ungeduldig in grobem Ton die erste Beschreibung ein, so wie sie ihm
vorlag. Daraufhin erklärte ich ihm, dass ich die beiden Opfer nicht
umgebracht habe. Rösler sprang auf und maulte mich an, ich wolle jetzt
doch wohl nicht behaupten, unschuldig zu sein! Ich bestand auf meiner
Unschuld und erzählte von den Tätern, doch Rösler fiel mir schreiend ins
Wort, er habe die Untersuchungsakte gelesen und nicht feststellen
können, dass es einen großen Unbekannten gäbe. Des weiteren teilte er
mir lauthals mit, dass er mich für einen eiskalten Mörder hält. Ich
könne ihm nicht weismachen, dass andere die Täter seien. Dazu verwies er
auf einen Berg von ca. 10 Akten im Hintergrund des Raumes. Darin
ersichtliche, zweifelhafte Sachverhalte und eine daraus resultierende
evtl. Unschuld gab es für ihn nicht einmal im Ansatz! Rösler setzte sich
wieder und trieb die Aufzählung des offiziellen Tatherganges an, wobei
er kaum von seiner Schreiberei abließ. Rösler leitete Abschnitt für
Abschnitt den Tathergang ein und drängte jedes Mal mit ungehaltenem
Nachdruck darauf, dass ich seine Version sinngemäß aufsage. So kam es,
dass ich die offizielle Auslegung des ersten Mordes vorsprach, so als
hätte ich als Schüler meine Hausaufgaben nicht gemacht und müsse jetzt
den Erlkönig vortragen, obwohl ich ihn kaum gelernt habe. Anfänglich
machte ich das Affentheater noch mit, denn es kam mir nicht in den Sinn,
dass mir diese Aufzählung als MEINE Angaben, bzw. als ein
Schuldeingeständnis angelastet werden sollte. Dazu war mir die Situation
viel zu unwirklich. Ich war auch dem Stress nicht gewachsen, die
Realität richtig zu erfassen.
Als Rösler dazu überging
den zweiten Mord anzuführen, äußerte er mit einer entsprechenden
Bemerkung, dass dieser zweite Mord nun selbstverständlich geschehen
musste, um den ersten Mord zu vertuschen. Diese Behauptung brachte mich
auf den Boden der Tatsachen zurück. Bei diesem Gutachten konnte es nicht
darum gehen, eine manipulierte Vernehmung der Kripo zu wiederholen oder
den Wünschen eines Prof. Dr. med. Rösler zu entsprechen. Ich hatte
keinen Grund, mit einem zweiten Mord einen ersten Mord zu vertuschen, da
ich schon den ersten Mord nicht begangen habe. Also erklärte ich Prof.
Dr.Rösler auf´s Neue, dass ich weder den ersten, noch den zweiten Mord
verübt habe. Ich bestand darauf, dass wir bei der Wahrheit bleiben und
nochmal von vorne anfangen oder eben das ganze Theater bleiben lassen.
Rösler wollte seinen Kurs beibehalten und ging dazu über, ohne sich auf
meine Argumente einzulassen, mir nun auch die offizielle Version des
zweiten Mordes, genau so, wie zuvor schon den ersten Mord
aufzuschwatzen. Für mich war damit die Sache beendet. Ich ließ mich
nicht mehr auf Rösler´s Drängen ein und so kam ich eben als letzten
Ausweg stur und unabbringlich auf meine Behauptung, ich könne mich an
gar nichts mehr erinnern. Diesen Ausweg nutzte ich auch noch später in
der Gerichtsverhandlung. Die Vernehmung zu den Morden war damit beendet.
Eine von mir erhoffte, sinnvolle Aufklärung war natürlich nicht
erfolgt.
Sexualleben
In
Anlehnung an Sigmund Freud´s Sexualtheorien ist man heute anscheinend
davon überzeugt, man könne das Verhalten eines Menschen überwiegend
parallel zu des-sen Sexualität deuten. So wurde z.B. sogar schon Hitlers
Sexualleben mit seinem Verhalten verglichen.
Im Gefängnis traf
ich auf einen Mithäftling, der schon seit frühester Kindheit von einer
Therapie in die nächste geschoben wurde. Ich hatte den Eindruck, dass er
sich des-halb tatsächlich sehr gut in diesen Dingen auskannte und so
ließ ich mich auf seine Ratschläge im Umgang mit den Fragen, die man mir
zum Gutachten stellen würde, ein. Im Nachhinein betrachtet waren diese
Tipps die reinste Katastrophe - aber dazu später mehr. Dieser
Mithäftling erklärte mir, dass sich die Gelehrten auch heute noch über
Freud streiten und sich nicht einigen können. So werden dann Angaben zur
Sexualität ausgelegt und begründet, wie es gerade gefällt. Deshalb gab
er mir die Empfehlung, alle Antworten zu Fragen über mein Sexualleben
strikt zu verweigern. In diesem Gespräch erzählte ich, dass mein Anwalt
ohne Zweifel den § 20 und/oder 21 StGB - also die Schuldunfähigkeit
(oder die verminderte) - in seine Verteidigung mit einbezieht. Daraufhin
schlug mit der Mithäftling vor, jegliches Sexualleben grundle-gend zu
verneinen. Schließlich gäbe es kein deutlicheres Anzeichen für
psychische Probleme. Mir sollte damit Zurechnungsunfähigkeit mit
absoluter Sicherheit zugesprochen werden. Tatsächlich stellte Prof. Dr.
Rösler irgendwann einmal direkt und ohne viel Umschweife die Frage, „In
welchem Alter haben Sie zum ersten Mal onaniert?“. Zum ohnehin
schlechten Eindruck, den ich von diesem Professor hatte, empfand ich
diese Kaltschnäuzigkeit, mit der er mir eine solche Frage über mein
Intimleben stellte, sehr befremdend. Wie geht dieser Mann mit Menschen
um? Es ist mir daher nicht schwer gefallen, meinem Vorhaben nachzukommen
und eben wie geplant, jegliches Sexualleben von Grund auf zu verneinen.
Rösler schien das nicht weiter zu beeindrucken.
Vielleicht gehöre
ich bereits zu einer veralteten Generation, in der man nicht über
Sexualität spricht, als würde es sich um einen Besuch in einem
Erlebnispark handeln. Ich hätte es aber auch gegenüber jenen Freundinnen
für einen rücksichtslosen Vertrauensbruch gehalten, hätte ich diesem
Prof. Dr. med. unser Sexualleben für seine Akten vordiktiert. Die
Oberflächlichkeit, mit der das Thema überflogen wurde, kam mir zwar sehr
entgegen, dennoch erstaunte mich die Gleichgültigkeit, mit der Rösler
abhakte.
Zurück in der JVA Bamberg erzählte ich meinem Anwalt, K.
Schieseck, von meinen Problemen, die ich mit Prof. Dr. Rösler hatte.
Schieseck organisierte daraufhin einen zusätzlichen Termin, zu dem ich
mit zwei uniformierten Polizeibeamten per Einzeltransport nochmals nach
Würzburg gefahren wurde. Nachdem mich Rösler begrüßte, stellte er mir
überschwänglich eine Praktikantin vor, die jedoch sofort den Raum
verlassen musste. Ich erklärte Rösler, dass mich seine Gleichgültigkeit
zu meinen Antworten auf seine Fragen bezüglich meiner nicht vorhandenen
Sexualität reichlich irritiert hat. Doch auch diesmal zeigte sich Rösler
nicht weiter interessiert. Er entgegnete mir, für ihn gäbe es nichts
mehr zu klären und so war das Gespräch nach ca. 10 Minuten beendet.
Später, in der Gerichtsverhandlung, hielt Prof. Dr. med, M. Rösler eine
elend lange Rede - zumal zum Thema Sexualität - die er mit
tausenderlei Fremdworten und Fachausdrücken tarnte.“ Womit nimmt sich
dieser Gutachter heraus, völlig entgegen meinen Erklärungen und ohne
Kontrollfragen Behauptungen aufzustellen?! Unter Psychologen ist
bekannt, dass zu keinem Thema so viel gelogen wird, wie eben zu Fragen
über das Sexualleben. Rösler hätte somit also durchaus erklären können,
das er meine Behauptungen für schwache Lügen hält. Wenn er aber meint,
an Hand seiner oberflächlichen Befragung überhaupt beurteilen zu können,
dann hätte er dazu unbedingt erklären müssen, dass er nur annimmt. Aber
aus freier Interpretation so einfach dazu zu erfinden und mir irgend
eine Form der Sexualität anzudichten, halte ich in allerhöchstem Maße
für kriminell! Ich werde noch erklären warum.
Kriegszustand
Oberstaatsanwalt
Müller-Daams erkundigte sich in der Hauptverhandlung im Anschluss an
diese Erklärung nach psychischen Beeinträchtigungen, die sich aus
Erlebnissen im jugoslawischen Bürgerkrieg ergeben haben könnten. Ich
selbst habe nie auch nur das geringste Wort darüber verloren und werde
es auch zukünftig nicht tun. Für Rösler handelte es sich mit dieser
Frage um einen völlig neuen Aspekt zu dem er sich - gerade weil ich nie
davon gesprochen habe - hinsichtlich meiner Person eigentlich überhaupt
keine Meinung erlauben kann. Doch ohne überhaupt zu wissen, um welche
Erlebnisse es sich dabei handelt, erklärte er, er gäbe sogar
amerikanische Studien über Vietnam-Heimkehrer, die zum Teil gefoltert
wurden, aus denen hervorginge, dass derlei Erlebnisse keine
tiefgreifenden Veränderungen der Psyche der Menschen hätten.*) Eine
derart schamlose Lüge muss eigentlich nicht mehr kommentiert werden,
denn die Probleme, die man in Amerika mit den durchge-knallten
Vietnam-Veteranen - und inzwischen auch mit Kriegsveteranen in
Jugoslawien hat - sind hinlänglich bekannt. Gerade deshalb, weil ich nie
über meine Jugoslawien-Erlebnisse gesprochen habe, kann ein kompetenter
Gutachter nicht so ohne weiteres darüber entscheiden. Erlebnisse können
so unbedeutend sein, dass man noch nicht einmal darüber spricht. Sie
können aber auch derart traumatisch sein, dass man ebenfalls nicht
darüber spricht, weil man nicht darüber sprechen kann. Ohne konkrete
Angaben zur Sachlage kann auch ein Prof. Dr. med. keine spezifischen
Antworten geben, wenn er kein Hellseher ist.
*) Ganz einfach:Bekanntlich wollen die USA für ihre betroffenen Soldaten (genau wie
die BRD - siehe z.B. Strahlungsschäden) keine Versorgung gewähren.
Statistik
Letztendlich
erkundigte sich der Vorsitzende Richter danach, ob damit zu rechnen
sei, dass ich zukünftig einen weiteren Mord begehen würde. Prof. Dr.
Rösler verneinte dies und stützte sich zur Begründung auf statistische
Vorlagen, wonach wohl bekannt wäre, dass Morde in der Regel doch
Einzelfälle bleiben. Mit dieser Antwort schießt Prof. Dr. Rösler den
Vogel ab!!
Ein professioneller Gutachter, der eine
seriöse Expertise zum psychologischen Zustand eines angebliochen
Doppelmörders erstellt, kann und darf sich nicht auf eine Statistik
berufen! In der forensischen Medizin ist es schon längst offenes
Geheimnis - jeder zweite Mord wird nicht als Mord erkannt! Dieser Fakt
wird sich wohl kaum in der Statistik zu erkennen geben. Außerdem muss
ein Mörder bereits als Mörder bekannt sein um für die Statistik als
Doppelmörder erfasst zu werden. Wenn aber jemand eine lebenslange
Haftstrafe für einen Mord zu verbüßen hat, so ist tatsächlich kaum
anzunehmen, dass dieser später als alter Mann in der Freiheit (wenn er
das noch erlebt) einen weiteren Mord begeht.
Und wie
wird es gewertet, wenn ein weiteres Tötungsdelikt zwar erkannt, aber
nicht als Mord bezeichnet wird? Man braucht also nicht viel
nachzudenken, um Rösler´s Statistik in Frage zu stellen. Zumal Mord eine
Tat ist, durch die ein sozialer Bürger aus dem üblichen Rahmen der
durchschnittlichen Berechenbarkeit herauszunehmen ist - umso mehr, wenn
noch nicht einmal ersichtliche Gründe für die Tat vorliegen! Zu allem
Übel handelt es sich bei den mir zur Last gelegten Fällen bereits um
zwei voneinander unabhängige Morde. Zwischen den jeweiligen Taten sind
ca. 5 bis 6 Tage verstrichen. Die Frage danach, ob zukünftig mit einem
weiteren Mord zu rechnen sei, ist also genau so sinnloses Geschwätz, wie
Rösler´s Verneinung, denn es war ja nach Aktenlage bereits ein weiterer
Mord geschehen! Rösler´s Antwort war somit be-reits durch den zweiten
Mord als falsch bewiesen, noch bevor die Frage durch den Vorsitzenden
Richter überhaupt gestellt wurde!
Aufzählung
Ziehe ich zum Gutachten Bilanz, so fallen mir nicht nur für mich äußerst fragwürdige Metho-
den,
sondern auch äußerst zweifelhaftes Vorgehen auf: Zur Eröffnung der
Begutachtung ein oberflächlicher Lebenslauf im Akkordtempo von einem
schwer kränkelndem Gutachter durch-
gezogen, programmierte Testaufgaben, die die Wahl meiner Antworten vorschreiben, eine nur
halbe
Tathergangsvernehmung, die neben der Unvollständigkeit (nach Rösler´s
eigenen Angaben) nachweislich falsch wiedergegeben wurde, Angaben zur
Sexualität, die seitens beider Parteien in Lügenge-schichten enden, eine
Aussage zu dubiosen Studien amerikanischer Vietnam-Heim-
kehrer,
zum Schluss auch noch der Ausrutscher in die Statistik. Sieht so eine
professionelle hochwertige Expertise über die Psyche eines Menschen aus?
Bewegt sich die Qualität dieses Gutachtens wenigstens auf
durchschnittlichem Niveau?
Ich fürchte „Ja“.
Resümee
Bereits
am Anfang dieses Beitrages erklärte ich, warum ich eigentlich diese
psychologische Begutachtung für meine Person ablehnte. Hätte mein Anwalt
nicht die von ihm behauptete (zumindest eingeschränkte)
Schuldunfähigkeit zur Grundlage seiner Verteidigungsstrategie erhoben,
so wäre ich nie auf die Idee gekommen, gegenüber einem Gutachter auch
nur ein einziges Wort zu verlieren. Ich halte nicht viel davon, wenn
Verbrecher durch ein günstiges Gutachten von der Verantwortung für ihre
Tat befreit und somit bei der Strafzumessung sogar noch bevorteilt
werden. Mit den Jahren meiner Haft habe ich selbst oft genug erlebt, wie
sich echte Dreckschweine durch eine eingeschränkte Schuld-fähigkeit -
genau so billig, wie auch ich es versucht habe - aus der Affäre gezogen
haben. Dies, obwohl sie sich ihrer Taten nach meiner Überzeugung sehr
wohl bewusst waren. Kann man die Opfer noch schändlicher entwürdigen?
Ich
habe aber auch Mithäftlinge getroffen, die z.B. schon seit frühester
Kindheit vom Vater misshandelt oder sogar vergewaltigt wurden. Da ich
nicht in einer solchen Situation war, kann ich mir nicht anmaßen, zu
behaupten, dass ich jene Mithäftlinge begreife. Trotzdem habe ich
Verständnis dafür, wenn solche Kinder - egal in welchem Alter - z.B. in
die Drogenszene und damit in die Kriminalität abrutschen oder sogar
gewalttätig gegen ihre Väter vorgehen. Dazu muss es diese
psychologischen „Gutachten“ eben einmal geben und ich kann auch
einsehen, dass man in bestimmten Fällen die Höhe der Strafe relativiert.
Allerdings
musste ich nun am eigenen Leib erfahren wie wenig die Praxis wert ist.
Auch die Öffent-lichkeit bezahlt die miese Qualität der Gutachten mit
dem eigenen Blut. Doch scheinbar regt sich niemand darüber auf. Während
die Spaß-Gesellschaft über ihre Ängste stolpert, jagen sich die
Meldungen über verschwundene Kinder durch die Medien. Seit ich Rösler
kenne, vergesse ich die Namen der Opfer nicht. Ob u.a. Natalie Astner,
Ulrike Brandt, Annika Seidel oder auch die beiden Dutroux-Opfer Melissa
und Julie oder auch aus letzter Zeit Peggy Knobloch oder Gustl Mollath.
Die Öffentlichkeit vergisst vor lauter Hass auf evtl. Täter nur all zu
leicht, dass nicht selten auch ein Gutachter hinter den Taten steht. Der
Anteil, den Gutachter und Therapeuten an vielen Verbrechen haben, ist
keineswegs gering! Viele psychisch abartige Täter kündigen ihre Taten
vorher sogar schriftlich an. Trotzdem gewähren einflussreiche Gutachter
unbeaufsichtigten Freigang und Hafturlaub!
In München
wurde 2001 ein Triebtäter auf die Straße geschickt, der die Anweisung
hatte, im Falle sexueller Erregung einen Zettel aus der Tasche zu ziehen
und sich selbst laut vorzulesen, dass er keine Kinder vergewaltigen
darf. Noch am Vormittag ging die Sache schief. Der Täter holte sich ein
kleines Mädchen im Vorschulalter. Doch sind Psychologen nicht nur als
Verbündete der Täter zu sehen! Im Fall „Zur-wehme“ kennen wir einen
Täter, der nicht das geringste Verlangen nach Freiheit hatte. Er
erklärte selbst, dass er sich in Freiheit nicht kontrollieren kann.
Ungeachtet dessen warf man ihn regelrecht auf die Straße. Immer wieder
aufs Neue werden Fälle bekannt, in denen Psychologen hochgefährliche
Täter losschicken. Als Häftling lie-gen mir Akten von Mitgefangenen vor,
aus denen eindeutig und unmissverständlich hervorgeht, dass erst durch
Perversionen der Gutachter allerschwerste Verbrechen an Kindern begangen
wurden. Bestes Beispiel ist der Worms-Prozess. Die Verantwortlichen
fallen in der Hysterie nicht weiter auf und kommen ungestraft davon. Für
die Qualität ihrer Arbeit sind diese Gut- achter nicht verantwortlich.
Da
ich nun selbst am eigenen Leib in der Praxis erfahren habe, wie ein
Gutachten erstellt wird, kann ich mich nur noch darüber wundern, dass
nicht noch mehr passiert. Rösler erstellte sein Gutachten über mich
nicht als einem kleinen Eierdieb. Vielmehr ging er davon aus, dass er
mit mir einen blutrünstigen Doppelmörder vor sich hatte. Ist es also
nicht ein Verbrechen, die Unter-
suchungen mit programmierten
Formularen und einer höchst oberflächlichen Befragung abzuhaken?! Ist es
nicht auch äußerst schändlich, eine Sexualität zu erfinden, die ihm in
den Kram passt, damit halt das Konzept aufgeht? Kann denn ein Richter
und die Öffentlichkeit darüber hinweg sehen, wenn sich ein Gutachter zu
Fragen nach ganz individuellem Verhalten einer vorgegebenen, bestimmten
Person und in einem derart schwer wiegenden Fall auf eine allgemeine
Statistik mit anderen Vorgaben bezieht oder mit derartigen Auskünften
über Vietnam-Heimkehrer suggeriert? Hat Prof. Dr. Rösler in anderen
Fällen auch derart begutachtet?
Es steht mir nicht zu,
das Gutachten eines derart hoch betitelten Wissenschaftlers zu
kritisieren, das ist letztlich hier auch nicht gewollt. Es geht mir
lediglich um die Darstellung einiger eigener Erlebnisse.
In meinem Urteil ist zum Ergebnis der psychiatrischen Untersuchung u.a. nachzulesen:
„Diesem
Untersuchungsergebnis, an dessen wissenschaftlicher Fundiertheit und
sachlicher Richtigkeit keine Zweifel bestehen, schließt sich das
Gericht in vollem Umfang an.“
Aus dem Urteil ist
für mich nicht ersichtlich, wie sich das Gericht von der sachlichen
Richtigkeit überzeugt haben könnte, auch deshalb meine Schilderung eines
Teiles der „sachlichen Richtigkeit“.
Dazu sollte man
wissen, dass alleine nach meiner Kenntnis Herr Prof. Dr.Rösler schon vor
der Hauptverhandlung gegen mich in einem Strafverfahren gegen einen
Angeklagten dem Landgericht Ansbach gegenüber auf Intervention des
Rechtsanwaltes hin ein Gutachten im Ergebnis berichtigen musste, weil er
offensichtliche Fakten nicht berücksichtigt hatte (und daraufhin das
Urteil revidiert wurde). In einem weiteren Fall ging Prof. Dr. Rösler
auf die ihm bekannte Alkoholsucht eines von ihm begutachteten Arztes
nicht ein, der wegen einer alkoholsuchtbedingten Straftat angeklagt war.
Doch, was besagt das alles, wenn Staatsanwaltschaft und Gericht einen die Anklage rettenden "Engel" suchen?
Matthias
Anmerkungen:
In
derartige Gutachten erhält man an sich keinerlei Akteneinsicht.
Schließlich soll und muss z.B. der Proband geschützt werden. Der
Öffentlichkeit ist damit leider auch die damit verbundene Problematik so
viel wie unbekannt. Erst in letzter Zeit wird - vor allem ausgelöst
durch den „Fall“ Gustl Mollath - heftig über das (Un-)Wesen der Gut-
und/oder Schlecht-Achten intensiv diskutiert, vornehmlich der
psychiatrischen Gutachten. Die von Psychiatern erstellten gerichtlichen
Gut-
achten, seien qualitativ oft „miserabel“.
Der Auftrag der Staatsanwaltschaft vom 23.10.1995 zur Begutachtung des Matthias lautete (Auszug):
„Das
von Ihnen erbetene psychiatrische Gutachten – unter Erstellung eines
psychologischen Begleitgutachtens durch Ihre Klinik – soll sich
insbesondere zu der Frage äußern, ob der Beschuldigte bei seinen Taten
a) wegen einer krankhaften seelischen Störung,
b) wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung,
c) oder wegen Schwachsinns,
d)
oder wegen einer anderen seelischen Abartigkeit (solche die
Schuldfähigkeit möglichweise beeinträchtigende Umstände, die nicht
pathologisch bedingt sind, also keine krankhaften seelischen Störungen
darstellen),
- unfähig war, das Unrecht einer der beiden Taten einzusehen oder nach dieser Ein-
sicht zu handeln (§ 20 StGB)
- oder seine Fähigkeit hierzu aus den bezeichneten Gründen erheblich vermindert
war (§ 21 StGB).“
Je nach dem diese Fragen vom Gutachter beantwortet werden, entscheidet das Gericht nach
einer Prüfung des Gutachtens auf Plausibilität und abhängig von der Schwere der Schuld für
eine
Verurteilung zu Haftstrafe oder zu Freispruch mit Unterbringung in
einem psychiatrischen Krankenhaus. Dementsprechend lautet aber
regelmäßig schon die Anklage.
Aus einem Interview der SZ vom 18. Juli 2013 mit der damaligen Justizministerin Merk:
„Mir ist immer klarer geworden, dass die Justiz und ihre Ministerin den Auftrag haben, das, was
sie tun, verständlicher zu machen. Bei der Justiz folgt das auch aus der Formel, die jedes Urteil
einleitet: Im Namen des Volkes. Wer im Namen des Volkes urteilt, muss sich dem Volk verständlich machen.“
Das 51-seitige psychiatrische Gutachten des Wissenschaftlers Prof: Dr. Rösler im Falle Matthias
schließ ab wie folgt:
„Der
Untersucher will das Ergebnis des jetzigen Begutachtungsprozesses
dahingehend zusammenfassen, daß bei vorläufiger und vorsichtiger
Würdigung derzeit weder unter konstellativen noch unter habituellen
Gesichtspunkten begründete Zweifel am vollen Umfang der strafrechtlichen
Verantwortungsfähigkeit des Beschuldigten formuliert werden können.
Diese Einschätzung ist bei der zukünftigen Hauptverhandlung einer
sorgfältigen Überprüfung zuzuführen, so dass bei der mündlichen
Gutachtenerstattung, wenn noch deutlicher als jetzt geklärt ist, von
welchen Tatbestandsannahmen ausgegangen werden soll, eine endgültige
Stellungnahme abgegeben werden kann.
gez.: Unterschrift
Prof.Dr. M. Rösler“
Allein
aus diesen zitierten rd. acht Zeilen des Gutachtens fallen mir als
Laien folgende Passagen zum Herangehen des Gutachters an seinen Auftrag
und zur Bedeutung gewählter Worte auf:
1. „daß
a) bei vorläufiger und
b) vorsichtiger Würdigung
c) derzeit
2. formuliert
3. Einschätzung
4. a) sorgfältigen
b) Überprüfung
c) zuzuführen,
5. a) von welchen Tatbestandsannahmen
b) ausgegangen werden soll
6. eine
a) endgültige
b) Stellungnahme
abgegeben werden kann.“
Dies
verstehe ich als Teil des Volkes so: Allein schon die Formulierung
„ob der Beschuldigte bei seinen Taten“ ist mit Blick auf den
Gesetzestext „wer bei Begehung der Tat“ (§ 20 StGB) und „Ist die
Fähigkeit des Täters“ (§ 21 StGB) ist in dieser Vermischung beider
Konstellationen m.E. äußerst problematisch.
Wer bei
Vorliegen der Kriterien des § 20 StGB („Ohne Schuld handelt“)
schuldunfähig ist, kann nach meinem Verständnis nicht von vorneherein
„Beschuldigter“ im Sinne des Strafrechts sein.
Wird in der praktizierten Art und Weise verminderte Schuldfähigkeit geprüft, hat die Staats-
anwaltschaft die betroffene Person schon vor Verkündung des Richterspruchs verurteilt („Ist die Fähigkeit des Täters“ - § 21 StGB).
Demnach
stand „das Urteil schon vor der Verhandlung fest“ - also doch! Erst ist
also festzustellen, ob der Proband üehaupt der Täter ist!
(Siehe dazu http://www.antizensur.de/martin-klipfel-matthias-frey-urteil-stand-schon-vor-der-verhandlung-fest/)
Weiter:
„Vorläufiger“ („Würdigung):
- „nicht endgültig, aber bis auf Weiteres so [bestehend, verlaufend]; erst
einmal, zunächst, fürs Erste“ Dem „vorläüfig“ steht „endgültig“ gegenüber.
Je nach Ergebnis wird angeklagt, läuft die Verhandlung ab, mag auch das
Urteil ausfallen.
Dem Gutachter ist kein Auftrag erteilt für eine vorläufige Aussage (s.o.)
„bei Begehung der Tat“ (§ 20 StGB) ist kein veränderlicher, ein endgültiger Tat-
bestand!
„Vorsichtiger“ (Würdigung)
- sehr vorsichtig an eine Sache herangehen, man weiß ja nicht, was noch alles
kommt, also am liebsten schwammig bleiben,
- kann auch heißen: herantasten, sorgsam sein,
- kann ab er auch bedeuten.“ aufpassen, sich hüten, sich in Acht nehmen“.
Die Begutachtung sollte deshalb verantwortungsvoll, eindeutig und nach
wissenschaflichen Erkenntnissen und nicht „vorsichtig“ erfolgen, nicht for
mulieren – entscheiden, feststellen.
“begründbare Zweifel … formuliert werden können“
- Es wäre schon möglich, Zweifel zu „formulieren“, die könnte man jedoch wissen-
schaftlich nicht begründen. Der Gutachter soll „feststellen“.
Stellt Prof. Rösler sich damit vorsorglich selbst einen „Persilschein“ aus?
Noch einmal das Gericht:
„Diesem Untersuchungsergebnis, an dessen wissenschaftlicher Fundiertheit und
sachlicher Richtigkeit keine Zweifel bestehen, schließt sich das Gericht in vollem
Umfang an.“
Noch Fragen?
Das Gutachten endet mit den Worten:
„Der
Unterzeichner will das Ergebnis des jetzigen Begutachtungsprozesses
dahingehend zusammenfassen, daß bei vorläufiger und vorsichtiger
Würdigung derzeit weder unter konstellativen noch unter habituellen
Gesichtspunkten begründbare Zweifel am vollen Umfang der
strafrechtlichen Verantwortungsfähigkeit des Beschuldigten formuliert
werden können. Diese Einschätzung ist bei der zukünftigen
Hauptverhandlung einer sorgfältigen Überprüfung zuzuführen, so daß bei
der mündlichen Gutachtenerstattung, wenn noch deutlicher als jetzt
geklärt ist, von welchen Tatbestandsannahmen ausgegangen werden soll,
eine endgültige Stellungnahme abgegeben werden kann.“
gez: Prof. Dr. M. Rösler
Also - das verstehe ich als (ich behaupte „normaler Mensch“) so:
Zu: „Diese Einschätzung“:
Bedeutet
in dem Zusammenhang in der Grundform: Der Wortlaut „Schätzen“ =
"nicht realistisch" oder "so aber näherungsweise einmal angenommen"
oder "glauben".
Zu: „wenn noch deutlicher als jetzt geklärt ist“:
Der
Gutachter geht davon aus, dass zwar ein Tatverdacht bestehen könnte,
aber für ihn nicht ausreichend aufgeklärt ist. Die Hauptverhandlung
könnte ein abweichendes Ergebnis bringen.
Zu: „von welchen Tatbestandsannahmen ausgegangen werden soll“:
Je
nach der vorgegebener Situation wird das Gutachten dann „angepasst“.
Wer gibt diese Tatbestandsannahmen vor? Dieses mündliche Gutachten ist
jedoch zu erstatten vor der Urteilsverkündung. Die Würdigung des
Verhandlungsergebnisses ist dem Gutachter aber (noch) nicht bekannt. Er
erwartet also vom Gericht zumindest Signale dafür, welche endgültige
Stellungnahme (= kein wissenschaftlich fundiertes Gutachten) er abgeben
soll. Ansonsten spricht er das Urteil, nicht die Richter. Schon
die Anklage der Staatsanwaltschaft aber richtet sich doch nach dem
Gutachten: Strafe oder „Maßregel“ (z.B. Psychiatrie).
Da habe ich immer noch Fragen!
Rudolf Frey
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